Japan

April 2018 · Asia·

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Japan - Teil 3

Japans KMUs betreten die Weltbühne

Viele KMUs aus Japan, die einzigartige Technologien anbieten und sich bisher auf den heimischen Markt konzentriert haben, beginnen, global zu wachsen.

Auf der CeBIT 2017 in Hannover haben 118 Unternehmen aus Japan „zwei Pavillons mit einer Gesamtgröße von 7.200 m2“ oder, wie man in Deutschland sagt „fast ein Fußballfeld“ gefüllt, sagt Hitoshi Masuda, Generaldirektor der Japan External Trade Organisation (JETRO) in Berlin. Das Bemerkenswerte daran war, dass „50 dieser Firmen Start-ups sowie kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) waren, die ihre Produkte und Dienstleistungen zum ersten Mal außerhalb von Japan vorstellten“, so Masuda. „Es war eine unserer Prioritäten, einigen unserer kleineren, aber sehr innovativen Unternehmen eine Plattform zu bieten.“ Zahlreiche weltweit dominierende Unternehmen stammen aus Japan. Einige von ihnen, wie Hitachi, sind international anerkannt, während andere „Hidden Champions“ sind – relativ unbekannte Firmen, die in ihrem Sektor jedoch globale Marktführer sind. Dazu zählen zum Beispiel Nichia bei LED-Leuchten, MekTec bei flexiblen gedruckten Schaltungen, die sich in unseren Elektronikgeräten finden lassen, und die Tajima Group im Bereich Stickmaschinen.

Hitoshi Masuda
        Generaldirektor, Japan External Trade Organisation in Berlin

Hitoshi Masuda

Wie in Deutschland machen KMUs jedoch die treibende Kraft hinter der japanischen Wirtschaft aus. Nach Aussage des japanischen Ministeriums für Wirtschaft, Handel und Industrie (METI) lassen sich mehr als 99 % aller Unternehmen in Japan dieser Kategorie zuordnen. Viele von ihnen sind durch ihr Angebot an einzigartigen Produkten und Dienstleistungen auf dem heimischen Markt sehr erfolgreich, im Ausland bisher jedoch völlig unsichtbar.

Das ändert sich gerade. Dank der zunehmenden Unterstützung durch die japanische Regierung und des EU-Japan-Wirtschaftspartnerschaftsabkommens, durch das der Handel mit Europa bedeutend einfacher werden soll, betreten mehr dieser Unternehmen die Weltbühne. „Es ist wichtig zu verstehen, wie sich Japan aktuell im globalen Wettbewerb neu positioniert, da sich dadurch viele neue Möglichkeiten für noch engere Beziehungen zwischen Deutschland und Japan eröffnen“, sagt Marcus Schürmann, Delegierter der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Japan.

Die JETRO hat bei der Koordination der Teilnahme Japans an der CeBIT 2017 eine wichtige Rolle gespielt. Die Vorgabe der Regierungsbehörde lautete, „Handel und Investitionen zu fördern, wobei unserer Mission auch darin besteht, Brücken zu schlagen und Länder sowie Regionen zusammenzubringen. Außerdem konzentrieren wir uns bei allen Aktivitäten sehr stark auf KMUs. Wir möchten die bestmöglichen Bedingungen für sie schaffen, damit sie international wachsen können“, so Masuda.

Marcus Schürmann
        Delegierter der Deutschen
        Industrie- und Handelskammer

Marcus Schürmann

Auf der CeBIT 2017 war er begeistert, wie kleinere japanische Firmen „die Gelegenheit ergreifen und hinaus in die Welt gehen. Gleichzeitig haben wir auf der Messe sehr positive Rückmeldungen von Deutschen und anderen erhalten.“ Dazu gibt er folgendes Beispiel: „Als wir einem unserer KMUs den Wirtschaftsminister von Niedersachsen vorstellten, kam ein Unternehmer auf ihn zu, der zwar keine Krawatte trug, aber nahezu perfekt Deutsch sprach. Das ist die neue Art von Unternehmern, die wir in Japan haben: jung, innovativ und weltoffen. Und genau diese Botschaft wollen wir in die Welt hinaustragen. Ich kann mit Stolz sagen, dass wir das geschafft haben.“

Ein hervorragendes Beispiel für ein japanisches KMU, das auf der CeBIT 2017 war und nun ins internationale Rampenlicht tritt, ist Takaha Kiko – ein Spezialhersteller von Gleichstrommagneten, die in einer Vielzahl von Produkten verwendet werden, z. B. elektronischen Schlössern, Maschinen, Autos und Sicherheitssystemen.

Shinzo Abe, Premierminister von Japan, mit Bundeskanzlerin Angela Merkel

Erschließen eines internationalen Marktes

90 % der Umsätze des Unternehmens stammen aktuell aus Japan, aber: „Unser Ziel ist es, unsere Überseeverkäufe deutlich zu steigern. Wir hoffen, dass wir in den kommenden Jahren bis zu 50 % unseres Gesamtumsatzes im Ausland generieren können“, sagt Taisuke Okubo, Präsident von Takaha Kiko. Er ist sich sicher, dass das Unternehmen das erreichen kann. „Unser wichtigster Wettbewerbsvorteil auf internationalen Märkten ist die hohe Qualität unserer Produkte. Dank unserer hocheffizienten Produktionsprozesse können wir jedoch auch beim Preis mit unseren globalen Wettbewerbern mithalten.“ Ein weiterer Vorteil, der das Unternehmen besonders attraktiv für potenzielle Kunden macht, die ebenfalls KMUs sind, ist „unsere Flexibilität, durch die wir mit kleinen und großen Mengen umgehen und einen maßgeschneiderten Service bieten können.“ Die CeBIT 2017 war das erste Mal, dass Takaha Kiko seine Produkte außerhalb von Japan präsentierte und hat „eine einzigartige Möglichkeit geboten, neue Beziehungen zu potenziellen Kunden und Partnern im Ausland aufzubauen. Angesichts der sehr positiven Erfahrung wollen wir uns der Internationalisierung unseres Unternehmens unbedingt mehr widmen“, sagt Okubo.

Takaha Kiko hat nicht nur die CeBIT 2017 genutzt, um sein globales Vertriebsnetz zu erweitern, sondern auch einen Onlineshop eröffnet, der Direktverkäufe an Kunden aus aller Welt ermöglicht. Näher an zu Hause, aber mit Blick auf Innovationen für die Zukunft, hat das Unternehmen 2016 den Takaha Innovation Park eröffnet, der Innovation fördert, indem Erfindern der Zukunft Zugang zu hochmodernen Maschinen ermöglicht wird.

Unvergleichbare Produkte

„Eines unserer Ziele ist es, international stärker zu wachsen, da wir auf ausländischen Märkten ein großes Potenzial für unsere Technologie und unser Know-how sehen“, sagt Satoshi Iizuka, Vizepräsident von Iidzka Seisakusho – ein weiteres Beispiel für ein KMU, das seine Exporte ausbauen möchte. Das Unternehmen stellt Autoteile durch Kaltschmieden und Druckumformung her. Dabei handelt es sich vor allem um wichtige Sicherheitsteile, die eine anspruchsvolle Form erfordern, wie Gurte, Airbags, Lenkungen und Motoren.

Das Unternehmen pflegt bereits Beziehungen zu deutschen Firmen. Das liegt nach Aussage von Iizuka daran, dass „wir uns auf die Herstellung von Produkten konzentrieren, die kein anderes Unternehmen der Welt kopieren könnte, da sie ein einzigartiges Know-how erfordern, das wir über die Jahre aufgebaut und perfektioniert haben.“ Iidzka Seisakushos Unternehmensphilosophie lautet: „Eine Zukunft, die aus Verstand und Technologie wächst“, also eine Strategie zur Entwicklung neuer Technologien mit Konzentration und Kreativität, bei der man sich nicht auf dem Erfolg vergangener Leistungen ausruht. „Unsere Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt basiert auf kontinuierlicher Investition in Forschung und Entwicklung, unserer Fähigkeit, schnell auf neue Rahmenbedingungen zu reagieren, unserer Flexibilität, auf die Bedürfnisse der Kunden individuell einzugehen und natürlich unserer rigorosen Vorgehensweise, wenn es darum geht, erstklassige Qualität zu gewährleisten“, sagt Iizuka. Diese Herangehensweise hat dem Unternehmen ISO-Zertifizierungen für Qualität und Umweltmanagement sowie die Anerkennung des METI als eines der am „energetischsten produzierenden KMUs“ eingebracht.

Möglichkeiten für deutsche KMUs

Deutsche KMUs sind ebenso auf einem guten Weg, von den zunehmenden Beziehungen zwischen Deutschland und Japan zu profitieren, so Schürmann. „In diesem Zusammenhang gibt es sehr viel ungenutztes Potenzial“ – sowohl für deutsche als auch japanische KMUs.

„Das Freihandelsabkommen wird dabei gewiss einen positiven Effekt haben und mehr KMUs antreiben, die zahlreichen Möglichkeiten zu entdecken, die es abseits ihres Herkunftslandes gibt“, sagt Schürmann. Zur Förderung dessen werden durch die neue deutsch-japanische Hannover Declaration Vorkehrungen für gegenseitige KMU-Missionen zwischen den zwei Ländern, von der die erste 2017 stattgefunden hat, und den Austausch von Informationen und Best Practices getroffen, um die KMUs bei der digitalen Transformation ihrer Geschäftsmodelle zu unterstützen. Schürmann weist darauf hin, dass „man unbedingt verstehen muss, dass Japan nicht nur aufgrund seines großen Binnenmarktes interessant ist, sondern auch ein gutes Sprungbrett darstellt, um Handel und Geschäfte mit japanischen Firmen außerhalb von Japan zu etablieren, vor allem in der schnell wachsenden südostasiatischen Region.“

Masuda sieht den zunehmenden Internationalismus der KMUs als Vorteil für beide Länder und merkt an: „Es gibt bereits mehr als 1.800 japanische Unternehmen in Deutschland und die Zahl steigt. Was mit der Zusammenarbeit zwischen Großunternehmen begonnen hat, geht nun auf die KMUs über und wird zu einem besseren Verständnis und sogar einer engeren Freundschaft zwischen den zwei Ländern führen.“

Ein Hidden Champion im Spotlight

Von traditioneller Stickerei zur Raumfahrttechnik

Innovation und Qualität waren seit jeher das Grundgerüst des erfolgreichen Geschäftsmodells der Tajima Group. Seit den bescheidenen Anfängen im Jahr 1944 hat das Familienunternehmen aus Nagoya mehr als 3.000 Stickmaschinen an Kunden in 100 Ländern geliefert. Damit ist das Unternehmen Weltführer eines sehr komplexen Nischenmarktes.

„Sehr viele Stickereien auf Kleidungsstücken stammen von Maschinen unserer Firma, vor allem im High-End-Bereich“, erklärt Hitoshi Tajima, Vorsitzender und Unternehmensführer in zweiter Generation. Im Laufer der Jahre hat Tajima die anspruchsvollsten Mehrkopf-Stickmaschinen der Welt gebaut und neue Maßstäbe auf dem Textilmarkt gesetzt.

Hitoshi Tajima
        Vorsitzender, Tajima Group

Hitoshi Tajima

Heute macht sich Tajima auf zu neuen Ufern. Auf Grundlage der jahrelangen Erfahrung in der Bekleidungsindustrie und seiner einzigartigen Stickereitechnik entwickelt Tajima auch Maschinen für andere Branchen, sagt Herr Tajima: „Wir sehen ein großes Wachstumspotenzial bei nicht ästhetischen Stickereien, also bei Maschinen für die Produktion technischer Textilien, die in der Automobil- und Medizinindustrie zunehmend wichtig werden. Dabei ist Deutschland für uns natürlich ein sehr attraktiver Markt.“

„Wir entwickeln auch Maschinen für die Herstellung kohlenstofffaserverstärkter Kunststoffe, die für Satelliten und in der Raumfahrt genutzt werden können“, fügt er stolz hinzu. Bei diesem Projekt arbeitet Tajima mit dem Leibniz-Institut in Dresden zusammen. Mit Blick auf die Zukunft betont Herr Tajima, dass sich das Unternehmen zwar weiter diversifizieren und hoch innovative Maschinen für neue Branchen entwickeln, aber dennoch „nicht den Fokus auf sein Kerngeschäft verlieren wird. Wir werden auch weiterhin erstklassige Stickmaschinen für die Textilindustrie bauen, die den Qualitätsunterschied zwischen hand- und maschinengefertigter Stickerei zunehmend beseitigen werden.“
www.tajima.com

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