Gemeinsame Stärken und sichtbare Unterschiede ermöglichen eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern.
Deutschlands Rolle als treibende Kraft hinter der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens zwischen Japan und der EU im Dezember ist nur das neueste Zeichen für eine immer stärker werdende Partnerschaft zwischen den zwei Ländern, die als dritt- und viertgrößte Volkswirtschaft der Welt gelten. Obwohl beide einen Nutzen aus dem Abkommen ziehen werden, profitieren sie bereits jetzt von einer engen Beziehung, die über mehrere Jahre aufgebaut wurde.
Zum Vergleich: Deutschland ist für Japan der größte europäische Markt, Japan der zweitgrößte asiatische Markt für Deutschland. Der Handel zwischen ihnen belief sich 2016 auf 40 Mrd. Euro. 2017 sind die gegenseitigen Exporte um etwa 10 % gestiegen.
Im Gegensatz zu dem, was viele denken, besteht ihre Beziehung immer weniger aus Wettbewerb. Obwohl sie gemeinsame Stärken haben – so sind sie zum Beispiel Weltmarktführer in den Bereichen Technologie und Innovation –, sind es vor allem ihre Unterschiede, die eine spannende und für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit ermöglichen. So sind viele deutsche Autos mit einer Vielzahl von Technologien und Teilen ausgestattet, die von japanischen Unternehmen stammen.
Verbunden durch Innovation
Die Länder haben vielfach die gleichen Herausforderungen zu bewältigen, wie eine alternde Bevölkerung, die Erzeugung zuverlässiger erneuerbarer Energien und der Klimawandel. Beide haben sich zum Ziel gesetzt, diese Herausforderungen vor allem durch Innovation zu bewältigen. Premierminister Shinzo Abe: „Für für die Zukunft von Deutschland, Europa und Japan sind nur drei Dinge entscheidend. Erstens: Innovation. Zweitens: Innovation. Und drittens: Innovation.“ Diese Aussage traf Abe auf der CeBIT 2017, der weltweit größten Messe für Informationstechnik, die jährlich in Hannover stattfindet. Abe wurde persönlich von Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu eingeladen, dass Japan Partnerland auf der Messe wird. 118 japanische Unternehmen nahmen an dieser Veranstaltung teil, bei der beide Staatsoberhäupter den Wunsch nach einer weiteren Zusammenarbeit in innovativen Bereichen betonten. s
„Wir leben in einem Zeitalter, in dem durch Kooperation ein Mehrwert geschaffen und das Wachstum gefördert wird“, sagte Abe. Er fügte hinzu, dass die Länder, die am besten dafür geeignet sind, durch ihre Zusammenarbeit die verschiedensten neuen Systeme zu entwickeln, die für dieses Zeitalter notwendig sind, „keine geringeren als Deutschland und Japan“ seien. Mit dem neuen Zeitalter bezog er sich auf die vierte industrielle Revolution (Industrie 4.0) und als deren Folge das japanische Programm „Society 5.0“, bei dem Technologien wie das Internet der Dinge, Robotik, Virtual Reality und künstliche Intelligenz das Leben und die Arbeit der Menschen dieser Welt verändern sollen. Sowohl Japan als auch Deutschland „wollen die Zukunft zum Wohle der Menschen gestalten“, sagte Merkel auf der CeBIT 2017. Aufgrund ihrer technologischen und innovativen Fähigkeiten stehen die beiden Länder bei der Entwicklung dieses neuen Zeitalters an der Spitze.
Seit 2015 arbeiten sie zusammen, um die Revolution voranzutreiben. Beschleunigt wurde dieser Prozess jedoch im März 2017, als die Wirtschaftsminister beider Länder gemeinsam ein neues Rahmenabkommen über eine bilaterale Zusammenarbeit zu Industrie 4.0 unterzeichneten: die Hannover Declaration.
Durch diese werden Deutschland und Japan in Bereichen wie Internetsicherheit, internationale Standards, regulatorische Reformen, Schulung, Forschung und Entwicklung sowie zugunsten kleiner bis mittelständischer Unternehmen beider Länder weiter kooperieren.
Die Beziehungen zwischen Deutschland und Japan sind nicht auf die Zentralregierungen beschränkt, sie bestehen auch zwischen Unternehmen aller Größen, Forschungsverbänden, Bildungseinrichtungen sowie auf regionaler Ebene. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist die Partnerschaft zwischen der Präfektur Tokushima und Niedersachsen. Diese sind seit 2007 an verschiedenen Austauschaktivitäten beteiligt. So hat Tokushima einige Male an der Hannover-Messe teilgenommen und 2017 ist Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen, mit vr Delegation aus niedersächsischen Geschäftsleuten nach Japan gereist, um Möglichkeiten in Tokushima zu prüfen.
Beziehungen, die für beide Seiten von Vorteil und gewinnbringend sind, sollen in den kommenden Jahren exponentiell zunehmen, da sich innovative Deutsche und Japaner auf der CeBIT und darüber hinaus den Rat Abes, „vor allem die Verbundenheit zu schätzen“, zu Herzen nehmen.
Freihandelsabkommen läutet den Beginn einer neuen Ära ein
Japan und Deutschland sind die beiden größten Nutznießer aus dem Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und Japan.
Die Umsetzung des EU-Japan Wirtschaftspartnerschaftsabkommens (WPA) soll 2019 beginnen und eine Wirtschaftszone schaffen, die 600 Millionen Menschen einbezieht und 30 % des Welt-Bruttoinlandsprodukts ausmacht.
Mehr als 90 % der Zölle, die zwischen der EU und Japan bestehen, werden abgeschafft. „Die Möglichkeiten für Europa sind gigantisch. Schätzungen zufolge könnten die Exporte der Europäischen Union (EU) nach Japan um fast 33 % steigen. Gleichzeitig könnte es zu einer Steigerung der Exporte in die EU um 24 % kommen“, sagt Danny Risberg, Vorsitzender des European Business Council in Japan.
Hans Carl von Werthern
Hauptnutznießer soll Europas Agrarindustrie sein. Das WPA öffnet aber auch den japanischen Dienstleistungs- , E-Commerce-, Telekommunikations- und Transportsektor und gewährt Zugang zu öffentlichen Beschaffungen.
Risberg glaubt außerdem, dass sich Möglichkeiten für Technologieunternehmen und die verarbeitende Industrie in Japan bieten werden, da diese mit einem Arbeitskräftemangel zu kämpfen hat und Europa über einige sehr gute Verarbeitungs- und Verwaltungsgesellschaften verfügt“. Das Potenzial für Exporteure aus Deutschland ist hoch. Risberg sagt: „Produkte aus Japan und Deutschland haben die gleiche hohe Qualität. Japanische Kunden bleiben außerdem einer Marke treu, sobald sie von ihrer Qualität überzeugt sind.“
Europa wird einen Nutzen aus Japans Fähigkeiten in „industriellen Bereichen wie Elektronik, Robotik, Maschinen und Materialien, z. B. Chemikalien, Metalle, Synthetikprodukte und Kautschukmischungen, ziehen können. Japan ist außerdem ein Führer auf dem Gebiet der Genetik“, merkt Risberg an.
Größter Nutznießer in Japan wird aber wahrscheinlich die Automobilindustrie sein. Trotzdem sollte Deutschland hier erfolgreich sein, glaubt Yoshimitsu Kobayashi, Vorsitzender des wichtigsten Unternehmerverbandes in Japan, Keizai Doyukai. „Das größte Potenzial im Hinblick auf die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Japan liegt in der Automobilindustrie“.
„Wir haben großen Respekt für deutsche Autos. Wir sehen Deutschland als Vorbild für Kooperationen an und stellen fest, dass der Handel in Bereichen wie diesem zwischen den zwei Ländern floriert.“
Während das WPA nach Aussage des Premierministers Shinzo Abe „eine neue Ära für Japan und die EU“ signalisiert, ist es offensichtlich, dass auch ein neues Zeitalter für die Partnerschaft zwischen Japan und Deutschland anbricht.
Yoshimitsu Kobayashi
„2017 hat diese Beziehung durch die CeBIT, die alljährlich in Deutschland stattfinde Messe für weltweit führende Technologien, auf der Japan Partnerland war, Fahrt aufgenommen“, sagt Kobayashi
Hans Carl von Werthern, deutscher Botschafter in Japan, sagt zustimmend: „Von der Eröffnung bis zum Ende der CeBIT haben viele Veranstaltungen stattgefunden, welche die Stärke der deutsch-japanischen Zusammenarbeit unterstrichen haben“ und fügt hinzu, dass zahlreiche Absichtserklärungen zwischen den beiden Ländern unterzeichnet wurden.
Die Innovation Network Corporation of Japan ist eine öffentlich-private Partnerschaft, die das Ziel hat, japanische Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen. In the view of its Chairman and CEO Toshiyuki Shiga, the growth in ties is because, “While thinking about how to maximise its innovational strength, Japan is of course looking at countries like Germany, which for us is not only a role model and a source of inspiration, but also a valuable partner.”
Kürzlich hat sich die Abe-Regierung darauf konzentriert, japanischen Firmen die Bedeutung von ausländischen Partnerschaften und Märkten zu vermitteln. Als Folge dessen wurde „bei japanischen Unternehmen der Wunsch geweckt, Kooperationen mit ausländischen Unternehmen einzugehen“, sagt Kobayashi. Und diese wenden sich nun an Deutschland.
„Deutschland und Japan sind natürliche Partner“, fügt von Werthern abschließend hinzu. „Alles in allem sind es aufregende Zeiten für beide Länder.“